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Joschi Ament erhält Ehrenzeichen in Gold

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Nachruf Rudolf Reimann

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Nach meiner Heimat zieht’s mich wieder

Das Lied der Woche, welches ich ausgesucht habe, ist: „NACH MEINER HEIMAT ZIEHT’S MICH WIEDER“.

Diejenigen unter Euch, welche ihre Heimat durch Vertreibung verloren haben, können das Lied gut verstehen. Auch die, welche die Heimat vor Jahren verließen, und zu denen zähle ich. Es zieht mich dorthin wo ich geboren und aufgewachsen bin. Das ist wohl der Grund, weswegen ich meine Heimat so oft besuche. Ich habe sie im Herzen mitgenommen. Leider ist mir nach jedem Besuch etwas traurig zumute, denn die Heimat, mit ihren Traditionen und Liedern, die ich im Herzen trage, auf die ich
stolz war, existiert nicht mehr. Wie haben sich die Zeiten geändert.

Im vierten Vers heißt es: „Die du geliebt und die du hattest gerne, sie sind nicht mehr, vorbei das Glück“. Fast ist es so. Die meisten Menschen, die ich kannte, leben nicht mehr, ich kann sie nur noch auf dem Friedhof besuchen. Aber Einige sind noch da, und wenn ich sie sehe freue ich mich, dann merke ich die innere Verbindung.

Der Text ist von Hermann Lingg, (1820­1905)
und die Melodie von August Wiltberger (1850­1928)
Nun zurück zum Lied. Ihr findet es auf: https://youtu.be/TWWiNI69icw
Text: E.FRIEDL/M.MAYRHOFER
Video M.MAYRHOFER

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DIE DONAUSCHWABEN IN ÖSTERREICH 1944-2020

Georg Wildmann, Band V der donauschwäbischen Geschichte – Ein Fest des Dankes und der Begegnung

Zum „Auferstehungsfest der Donauschwaben nach Corona“ (so GEORG WILDMANN) wurde die Buchpräsentation „Die Donauschwaben in Österreich 1944 – ­2020„, 5. Band aus der Reihe „Donauschwäbische Geschichte„, am 16.7.2021 im TRENK.S in Marchtrenk.
Rund 80 Gäste feierten mit dem 92jährigen Autor die Fertigstellung seines Buches über die Geschichte der donauschwäbischen Flüchtlinge in Österreich, die Zeit der Ankunft und Aufnahme, des Weiterwanderns nach Deutschland und Übersee. Besonders das „Heraus aus den Baracken„, die arbeitsrechtliche und politische Gleichstellung und die Restitutionsbemühungen weckten in vielen Anwesenden eigene Erinnerungen. Personenverzeichnis, Zeittafel und ein Foto­-Teil, erstellt von ERIKA WILDMANN, machen dieses Buch zu einem hilfreichen Nachschlagewerk.

WILHELMINE SCHNICHELS von der Donauschwäbischen Kulturstiftung München, Herausgeberin der Reihe „Donauschwäbische Geschichte“, dankte GEORG WILDMANN für dieses Werk, „das er mit Herzblut recherchiert und geschrieben hat„. Und sie dankte auch seiner „Ehefrau Erika, die sich mit unermüdlicher Kraft und Ausdauer dafür eingesetzt hat, dass es ihrem Mann gelungen ist, dieses Werk zu vollenden„. Landeshauptmann a.D. Dr. JOSEF PÜHRINGER wünschte in seinem persönlichen Grußwort dem „Historiker der Donauschwaben„, dass ihm ein „Gutschein für weitere Jahre“ gegönnt sei. Die über 40jährige ehrenamtliche und unentgeltliche wissenschaftliche Arbeit von GEORG WILDMANN wurde von der DAG­-Vorsitzenden MARIA K. ZUGMANN­WEBER hervorgehoben: „Was, wenn er nicht geschrieben hätte…?

Dr. MICHAEL ZUGMANN, Linz, würdigte in der Buchvorstellung den Autor als einen, der in seiner Person den Theologen und Historiker verbindet und verglich WILDMANNS Arbeit mit der des Evangelisten Lukas. „Allem von Grund auf sorgfältig nachgehen. Lukas hielt sich an die Überlieferung der Augenzeugen… Georg Wildmann lässt die Erlebnisgeneration auf vielfache Weise zu Wort kommen, er hat Quellen wie Erlebnisberichte, Protokolle, Zeitungsartikel, wissenschaftliche Aufsätze und Bücher studiert und ausgewertet, sorgfältig – mit Akribie, mit Umsicht und Konsequenz„. Als zweiter Schritt folgt „der Reihe nach alles aufzuschreiben„. Das bedeutet für WILDMANN „nicht nur, eine zeitliche Reihenfolge herzustellen – es heißt auch sachliche Zusammenhänge aufzuzeigen und thematische Schwerpunkte zu setzen„. GEORG WILDMANN bewahrt „trotz großer Materialfülle den Überblick und er nimmt seine LeserInnen an der Hand, um ihnen diesen Überblick zu vermitteln„.

In der folgenden Buchbesprechung gab MICHAEL ZUGMANN einen fein strukturierten Überblick über die zwei Schwerpunkte des 499seitigen Werkes: Den Integrationsprozess der Donauschwaben in Österreich und die Erinnerung an geschehenes Unrecht und Bemühungen um Wiedergutmachung. Kürzlich entdeckte Filmaufnahmen aus den donauschwäbischen 50ern vom Häuslbauen, Ziegelmachen, Kerweih, Fahnenweihe Linz 1956 u.a. veranschaulichten das Gehörte und ließen eigene Erinnerungen wach werden.

JOSEF VOLKMER SENZ hatte in den 80er Jahren Dr. GEORG WILDMANN gebeten, eine Donauschwäbische Geschichte nach wissenschaftlichen Kriterien zu schreiben. Zum Faktum, dass er nun mit 92 Jahren den 5. Band fertigstellen konnte, sagt WILDMANN: „Drei eiserne Faktoren haben mich angetrieben: das Alter, das nicht heilbare Leiden und meine Frau„. Und er dankte allen, die ihm, als er schon müde war, Kraft und Trost im Endspurt waren.

Landesobmann Bgm. PAUL MAHR dankte GEORG für seine unglaubliche Disziplin, Tatkraft und Ausdauer trotz größerer gesundheitlicher Einschränkungen und für seine Mitarbeit im Verein.

Einen besonders großen und schönen Blumenstrauß erhielt GEORGS Frau ERIKA, die trotz eigener gesundheitlicher Herausforderungen GEORG bestmöglich unterstützte, zum Ende drängte und auch selbst intensiv mitarbeitete. So zeichnet sie u.a. für den Foto­-Teil des Buches verantwortlich, der für viele den Einstieg ins Buch darstellt.
Dr. HERMANN VOLKMER, der die Flüchtlingssituation in Oberösterreich erforschte, DOROTHEA STEINLECHNER­OBERLÄUTER, deren Buch über die Kindergeneration demnächst erscheinen wird, und JOHANN MÄRZ, der als Landesobmann die Salzburger Erfahrungen bestens kennt und selber der Erlebnisgeneration angehört, kamen im Gespräch mit Dr. GEORG WILDMANN zu Wort.

Auch Kultur und Spaß fehlten nicht: Volle Aufmerksamkeit erhielt JOHANN MÄRZ, als er erfolgreich das Ungarische „Taschenmesserspiel“ (beschrieben in der Beilage M01­2021) demonstrierte. Und er übergab eine selbst geschnitzte „Gatschgei“ an die Moderatorin.

Die Schauspieler GERHARD BRÖSSNER und LISA WILDMANN weckten mit Gedichten von STEFAN HEINZ­KEHRER viele Erinnerungen an „drhom“. ANITA LEHMANN­WEINZIERL las HANS WOLFRAM HOCKL und der Waidhofner Dr. MATTHIAS SETTELE, der als Teil-­Korrekturleser hilfreich eingesprungen war, trug Liebesgedichte vor.

Musikalisch erfreuten uns GÜNTHER GESSERT, Marxophon und Gitarre, und unsere MARIANNE ROBOTKA, Gesang und Klavier.
Viele glückliche Gesichter und Begegnungen waren beim anschließenden Empfang zu sehen. Und ein zufrieden­-erschöpfter GEORG, der viele Bücher signierte. Danke allen UnterstützerInnen.

Das Buch „Die Donauschwaben in Österreich 1944-­2020“ kann bestellt werden unter:
donauschwaben@bibliotheken.at oder
HANS ARZT: 0043 (0) 699 150 0 71 32.

von li. nach re.: BM.PAUL MAHR , ERIKA UND GEORG WILDMANN, MARIA K. ZUGMANN-WEBER
Bilder und Text: FRAU MARIA K. ZUGMANN‐WEBER

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Landesjugendseminar 2021

Auf dem Weg zurück zur Normalität

Am letzten Wochenende im Oktober war es endlich wieder soweit und die Tanz- und Trachtengruppen aus Baden-Württemberg haben sich zum jährlichen Landesjugendseminar getroffen. Wie auch schon in den vergangenen Jahren fand die Veranstaltung im Haus der Donauschwaben in Mosbach statt.

Insgesamt 32 Teilnehmer aus ALBSTADT, MOSBACH, REUTLINGEN und SPEYER, sowie dem BUNDESVORSTAND und dem WELTDACHVERBAND DER DONAUSCHWABEN, haben zwei Tage mit Tanzen, Diskussionen und Spaß verbracht. Sehr glücklich waren die Teilnehmer, dass die Veranstaltung wieder an zwei Tagen stattfinden konnte.

Noch im letzten Jahr hat es sich um eine reine Vortragsveranstaltung gehandelt, bei der die Gruppen an separaten Tischen sitzen mussten und ein Kontakt zu den anderen Gruppen fast unmöglich war. Dieses Jahr war es eine sehr knappe Angelegenheit, denn nur wenige Tage später wurde die Warnstufe in Baden­-Württemberg ausgerufen, die uns die Durchführung stark erschwert hätte.

So konnten wir das Wochenende samstags mit einem gemeinsamen Frühstück starten, dass von unseren Gastgebern in Mosbach zubereitet wurde. Danach ging es mit einer Begrüßung durch OTTO HARFMANN, stellv. Landes­ und Bundesvorstand, weiter, der die Tänzer auch gar nicht lange aufhalten wollte.

Das große Thema des LANDESJUGENDSEMINAR 2021 waren Gemeinschaftstänze, die die Gruppen im vergangenen Jahr ausgewählt haben. So ging es in diesem Jahr mit dem „Ofener Bergland“, bzw auch „Bergland Polka“ oder „Garten Polka“ genannt, als ersten von mehreren Tänzen los. Die Gruppen aus Mosbach und Reutlingen haben die bereits bestehenden Choreographien, die in der jeweiligen Gruppe getanzt werden, aneinander angepasst, dass jeder Teilnehmer die Schritte erlernen konnte.

Ziel der Gemeinschaftstänze ist es, Auftritte wahrzunehmen, bei denen eine Trachtengruppe aus mehreren Paaren von verschiedenen Tanzgruppen erstellt wird. So kann man z.B. mehrere Auftritte an verschiedenen Orten zeitgleich wahrnehmen, oder auch Gruppen, die nur noch aus einzelnen Paaren bestehen, können wieder auftreten.

Anschließend kam es noch zu einer Uraufführung einer neu erarbeiteten Choreographie. Dank NORBERT MERKLE und dem Freundeskreis der Donauschwäbischen Blasmusik, haben die donauschwäbischen Tanzgruppen die Musik der „Ilse Polka“ auf die MARKUS KYAS, zusammen mit seiner Tochter einen neuen, donauschwäbischen Tanz erarbeitet haben.

Dieser wurde den Gruppen innerhalb einer Stunde beigebracht, so dass die Gruppen nun bereits zwei Gemeinschaftstänze in ihrem Repertoire haben.

Nach einer Kaffeepause hat OTTO HARFMANN das Wort übernommen und über die Bundesversammlung und die Neuwahlen im Bundesvorstand berichtet. Schmerzlich vermisst wurde hier unser treuster Teilnehmer, FRANZ FLOCK, der aus gesundheitlichen Gründen, dass erste Mal nicht teilnehmen konnte. Es wurde über einen erfolgreichen Generationenwechsel im Vorstand berichtet und sehr zur Freude des stellv. Bundesvorsitzenden, waren auch viele seiner neuen Kollegen da. STEFAN IHAS, Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, gab einen kurzen Abriss über den Stand im Weltdachverband. Auch hier stehen Neuwahlen an, bei dem es einige Ämter neu zu besetzen gibt.

Weiter ging es mit einem Workshop zum Thema „Tanzbeschreibungen“. Zuerst wurden einige Tanzpaare aufgefordert eine Tanzbeschreibung zu lesen und zu interpretieren. Hier wurde sehr schnell deutlich, dass es viele Wörter und Abkürzungen gibt, die die Tänzer verwirren. Gemeinsam hat man versucht, die Tanzbeschreibung zu entschlüsseln, das hat jedoch trotzdem zu verschiedenen Versionen geführt hat. Daher ging der Workshop in eine Diskussion über, die bereits vor einigen Jahren thematisiert wurde. Brauchen die donauschwäbischen Tanz­- und Trachtengruppen ein digitales Archiv, bei denen Bildaufnahmen als Tanzbeschreibungen dienen? Hier wurde über rechtliche Grundlagen, Datenschutz und auch die Professionalität der Aufnahmen gesprochen. Welchen Aufwand solch ein Archiv mit sich trägt und auch wo dieses gelagert werden sollte.

Allgemein kam man zu dem Schluss, dass solch ein Archiv durchaus Sinnvoll ist, jedoch erst der Aufwand richtig geklärt werden sollte, bevor man hier weiteres entscheidet. Daher wurde das Thema auf das nächste Seminar vertagt.

Den ganzen Tag über wurden wir mit Spezialitäten aus der Küche der Mosbacher Donauschwaben verwöhnt und so kam es nicht nur zu einem Gericht pro Essenszeit, sondern gleich drei verschiedene Gerichte wurden sowohl zum Mittagessen, wie auch zum Abendessen präsentiert.

Nach einem Verdauungsspaziergang mit Fackelwanderung durch die Nachbarschaft des Haus der Donauschwaben, übernahm Markus Kyas das Abendprogramm. Mit einem Bingo, eigentlich für Kinder, hat er alle Altersklassen den Abend, bis spät in die Nacht, unterhalten.

Am nächsten Morgen wartete bereits wieder ein großzügiges Frühstück auf die Teilnehmer, bevor es dann auch wieder an das Wiederholen der Tänze ging. Anschließend wurden noch die Termine für 2022 besprochen, die der Landesjugendleitung bereits bekannt waren. So hat man sich auf einen Trainingstag im Juli in Albstadt geeinigt und das Landesjugendseminar wird im März wieder in Mosbach stattfinden.

Neben dem nächsten Gemeinschaftstanz, der „Saarer Burschenweihe“, die von PETER SCHWEININGER choreographiert wurde, wird auch die donauschwäbische Mundart ein Thema sein und auch für ein buntes Abendprogramm wird gesorgt sein.

Beim Einüben der Gemeinschaftstänze

Abschließend ist der Landsmannschaft der Donauschwaben in Mosbach für die Beherbergung und Bewirtung zu danken, allen Teilnehmern, dass sie sich so wunderbar an alle Corona-Vorschriften gehalten haben und MARKUS KYAS, sowie NORBERT MERKLE, für die Möglichkeit, eine neue Choreographie zu erlernen. Wir freuen uns auf das nächste Jahr und hoffen, dass wir uns alle wieder in Mosbach sehen.

Landesjugendseminar 2021 in Mosbach

Quelle: Bericht und Bilder Landesjugendleitung

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Kein Salz, Kein Fett: In der Erbsensuppe schwammen noch kleine Würmer

Erinnerungen an schreckliche Zeiten – aus der Geschichte der Donauschwaben ‚Großer Heuberg/Degerfeld‘

Von Wolfgang Born:
Die Lebensgeschichte von MART SCHICK, geboren 1936 in Mramora im Banat, ist geprägt von der leidvollen Nachkriegszeit. Die schweren Zeiten mit der Vertreibung, der Internierung im Lager sowie die Anfänge in der neuen Heimat sind ihm bis heute unvergessliche und einschneidende Erlebnisse geblieben.

Mramorak im ehemaligen Jugoslawien war ein kulturell und religiös gemischtes Dorf: Die Hälfte der Einwohner bestand aus Deutschen, die sich um das Jahr 1820 hier ansiedelten. Ein Viertel der Bevölkerung waren Serben und ein Viertel Rumänen.

Porträt: Geboren im Banat, vertrieben, kaserniert im Lager Rudolfsgnad, Aufbruch nach Deutschland: Der Straßberger MARTIN SCHICK erinnert an dunkle Zeiten, die Kraft geben auch im Corona-Jahr.

Drei Kirchen schmückte mit ihren Türmen das Ortsbild. Die serbisch-orthodoxe und die ungarisch-orthodoxe Kirche standen mitten im Dorf. Die deutsch-evangelische -lutherische Kirche befand sich im Herzen des deutschen Siedlungsteiles. 124 Jahre nach der Ansiedlung endete die Geschichte einer friedlichen Koexistenz verschiedener Völker in Mramorak. Insgesamt 3500 Deutsche, die noch 1944 im Ort lebten, wurden nach Kriegsende ihrer Heimat beraubt und vertrieben. Der heute 84-jährige MARTIN SCHICK erinnert sich: „Mein Vater ist 1944 gefallen. Im Frühjahr 1945 kamen Partisanen zu uns ins Haus. Wir mussten mit den Kleidern, die wir am Leibe trugen, auf die Straße. Dort waren schon alle Nachbarn versammelt. Es ging runter ins Dorf, wo meine Mutter sowie alle anderen Frauen ihren Schmuck und ihre Wertsachen abgeben mussten. Danach wurden wir auf leerstehende Häuser verteilt. Mehrere Familien teilten sich einen einzigen Raum“.

MARTIN SCHICK fährt fort in seiner Erzählung: „Die Familie blieb dort für einige Monate. Wir Kinder mussten Hühner und Kleingeflügel sammeln und auf einem großen Hof abgeben. In Eisenbahn-Viehwagen wurden wir ins Lager Rudolfsgnad gebracht. Die Fahrt dauerte einen Tag und eine Nacht“.

Im Lager Rudolfsgnad waren 21 000 Deutsche untergebracht wovon nahezu die Hälfte an Hunger, Fleckfieber und Typhus starben. Drei Familien mussten sich einen kleinen Raum teilen.

Nach sechs Monaten kam die Familie SCHICK in ein anderes Haus des Lagers, wo sich sogar vier Familien in einem Raum aufhalten mussten. Bis zu 16 Personen lebten in dieser drangvollen Enge. Essen gab es in der sogenannten Mensa – eine Woche lang Erbsensuppe, nur mit Wasser und ohne Salz und Fett zubereitet. In der Suppe schwammen noch kleine Würmer rum. In der zweiten Woche gab es Gerstensuppe, ebenfalls ohne Salz und Fett zubereitet.

Nach einem Jahr war der damals zehnjährige MARTIN so geschwächt, dass er nicht mehr laufen und sich nur noch auf allen Vieren fortbewegen konnte. In einem Heim wurde er mit Brei, Maisschrot und Milch wieder aufgepäppelt und kehrte nach vier Wochen zurück zu seiner Familie nach Rudolfsgnad. Bis heute ist MARTIN SCHICK in lebhafter und schmerzlicher Erinnerung geblieben, was die Frauen zu seiner Mutter sagten: „Jetzt lebt er nicht mehr lange, jetzt hat er Wasser“. Sein Bauch war aufgebläht und voller Wasser.

Nach drei entbehrungsreichen Jahren kamen die Mutter und der Bruder 1948 zur Zwangsarbeit ins Ried. MARTIN SCHICK und seine Schwester waren noch zu jung und mussten zu Hause bleiben. Ein Jahr später wurden die Geschwister in eine serbische Schule eingeschult. Damals beherrschten sie die Sprache weder in Wort noch Schrift, da zu Hause Deutsch gesprochen wurde.

Nach der vierten Klasse kam MARTIN SCHICK für ein Jahr auf die Höhere Schule“. Die Schulzeit endete für ihn 1953, im selben Jahr kam die Familie mit Hilfe des Roten Kreuzes nach Deutschland. Erste Station war ein Durchgangslager in Piding bei Bad Reichenhall. Von dort ging es weiter nach Ulm, Balingen und Hechingen. Schließlich landete die Familie im November 1953 in Wellendingen im Kreis Rottweil. Die zur Verfügung gestellte Wohnung war gänzlich leer. Es gab weder Tisch, Stuhl noch ein Bett.

Die kleine Witwenrente der Mutter reichte bei weitem nicht zum Kauf von Möbeln. Doch schnell fand MARTIN SCHICK Arbeit in der Metallwarenfabrik Josef Hafner nur zwei Straßen von der Wohnung entfernt.

Nach sieben Jahren wechselte er zu einer Zimmerei, danach arbeitete er bis zur Rente bei der Firma Paul Hafner. Im Jahr 1959 lernte MARTIN SCHICK seine Frau MARIA kennen. Die beiden bauten ein Haus und 1962 trat das Paar vor den Traualtar. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Im Jahr 1994 verstarb die Ehefrau nach schwerer Krankheit. Beim Tanz lernte MARTIN SCHICK seine jetzige Lebensgefährtin RENATE BANTLE kennen. Nach seiner Pensionierung zog er zu ihr nach Straßberg. „Hier fühle ich mich wohl und komme mit allen gut zurecht. Trotz der vielen durchlebten Strapazen erfreue ich mich heute noch guter Gesundheit, ich arbeite viel im Garten und freue mich über jeden neuen Tag“, erzählt der 84-Jährige.

MARTIN SCHICK blickt auf ein erfülltes und arbeitsreiches Leben zurück. Doch die schlimmen Er­lebnisse im Lager Rudolfsgnad, wo er schon als junger Mensch viel Elend und Leid erleben musste, sind bis heute präsent. Es war eine andere Lebenswirklichkeit als sie die heutige Generation durch den Aus­bruch der Corona-Pandemie erlebt. Er hält sich strikt an die Vorgaben und geht nur zur Besorgung des Nötigsten aus dem Haus. Ausnahmen sind seine Spaziergänge in der Natur.

Die Menschen sterben an Hunger und Krankheiten

HINTERGRUND: In Rudolfsgnad, serbisch Knicanin, bestand von 1945 bis 1948 ein sogenanntes Arbeitslager, in welchem hauptsächlich volksdeutsche Frauen, Kinder und Ältere untergebracht waren. Das Lager verzeichnete in diesem Zeitraum laut Wikipedia rund 33 000 Insassen, von denen nachweislich 9500 dort gestorben sind, wobei es auch nicht bestätigte Schätzungen von bis zu 13 000 Toten gibt. AUFLÖSUNG Hauptsächliche Todesursachen waren Hunger und Krankheiten wie Fleckfieber und Typhus. Das Lager wurde 1948 unter anderem auf Druck des Roten Kreuzes und des Vatikans

Quelle: Bilder Fam. Archiv Martin Schick
Text Wolfgang Born, Zollern-Alb-Kurier